Modernisierung des Bilanzrechts

Die Bundesregierung bereitet derzeit eine Reform des Bilanzrechts vor, mit den vorrangigen Zielen, Bi-lanzen aussagekräftiger zu machen und bürokratische Vorschriften abzubauen.

Im Bundesjustizministerium arbeitet man momentan an einem Entwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG). Dessen Ziel ist einerseits die Reduzierung von Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten. Andererseits sollen auch die Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) entrümpelt und an internationale Rechnungslegungsstandards angeglichen werden, sodass die Bilanzen nach HGB aussagekräftiger werden. Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

Buchführungspflicht: Einzelkaufleute und Personengesellschaften, die 500.000 Euro Umsatz oder 50.000 Euro Gewinn pro Geschäftsjahr nicht überschreiten, werden von der Verpflichtung zur Buchführung und Bilanzierung befreit. Damit erfolgt eine Angleichung an die bereits durch das Zweite Mittelstandsentlastungsgesetz erhöhte steuerliche Buchführungspflichtgrenze.

Größenklassen: Die Schwellenwerte für Bilanzsumme und Jahresumsatz werden um 20 % angehoben. Dies betrifft die Größenklassen, die darüber entscheiden, welche Informationspflichten ein Unternehmen erfüllen muss.

Kombination mit IFRS: Unternehmen können schon heute zusätzlich zum handelsrechtlichen Jahresabschluss einen IFRS-Jahresabschluss aufstellen. Künftig reicht es aus, wenn das Unternehmen einen IFRS-Jahresabschluss aufstellt und offen legt und dessen Anhang eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung enthält, die nach HGB-Bilanzrecht aufgestellt wurden. Damit erübrigt sich die Aufstellung eines kompletten Anhangs nach den HGB-Vorschriften.

Immaterielle Vermögensgegenstände: Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie zum Beispiel Patente oder Know-how sind künftig in der HGB-Bilanz anzusetzen. So kann beispielsweise ein Unternehmen, das sich mit der Entwicklung von Software befasst, die Kosten für die Entwicklung der Software als Herstellungskosten innerhalb der selbsterstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ausweisen und muss diese nicht, wie bisher, aufwandswirksam erfassen. Steuerlich bleiben die Aufwendungen aber nach wie vor abzugsfähig.

Bewertung von Finanzinstrumenten: Finanzinstrumente, die zu Handelszwecken erworben sind, werden künftig bei allen Unternehmen zum Bilanzstichtag mit dem Zeitwert bewertet. Wenn sich Wertänderungen des Finanzprodukts ergeben, ohne dass das Unternehmen den Gewinn durch einen Verkauf realisiert hat, wird die Wertänderung somit trotzdem in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.

Rückstellungsbewertung: Rückstellungen von Unternehmen für künftige Verpflichtungen werden realistischer bewertet. Bei der Bewertung der Rückstellungen sollen deshalb künftige Entwicklungen (Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen) stärker als bisher berücksichtigt werden. Zudem sind die Rückstellungen künftig abzuzinsen. Die Bewertung der Rückstellungen wird also dynamisiert. Die Neuregelung wird zumindest bei Pensionsrückstellungen zu einer Erhöhung führen. Um diese Effekte abzumildern, sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, die Rückstellung über mehrere Jahre anzusammeln. Die steuerlichen Vorschriften bleiben unverändert.

Abschaffung von Wahlrechten: Nicht mehr zeitgemäße Bilanzierungsmöglichkeiten, werden eingeschränkt oder aufgehoben. Dies gilt beispielsweise für die auch steuerlich nicht anerkannte Möglichkeit, Rückstellungen für eigenen künftigen Instandsetzungsaufwand zu bilden.

Transparenzvorschriften: Unternehmen müssen künftig schon dann in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn sie unter der einheitlichen Leitung eines Mutterunternehmens stehen. Bisher kommt es darauf an, ob das Mutterunternehmen an der Zweckgesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung hält. Weiterhin müssen die Unternehmen künftig im Anhang über Art, Zweck und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz erscheinenden Geschäften berichten, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist. Damit wird eine EU-rechtliche Vorgabe umgesetzt. Außerdem haben die Unternehmen künftig darzulegen, welche Überlegungen ihrer Risikoeinschätzung bei Eventualverbindlichkeiten zugrunde liegen.

EU-rechtliche Vorgaben: Die sonstigen EU-rechtlichen Vorgaben, insbesondere die Vorgaben zum Unternehmensführungsbericht und zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses werden in deutsches Recht umgesetzt.

Der Referentenentwurf des BilMoG wird derzeit von den Bundesministerien diskutiert, dann beginnt das Gesetzgebungsverfahren. Der größte Teil der neuen Vorschriften soll nach dem gegenwärtigen Stand erstmals auf Geschäftsjahre Anwendung finden, die im Kalenderjahr 2009 beginnen. Erleichterungen, insbesondere die Erhöhung der Schwellenwerte, können teilweise schon für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden.

 
[mmk]